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Die Korrektur


Der Korrekturbegriff

Korrektur ist Krankengymnastik für das Pferd. Sie ist die stetige Verbesserung der jeweilig gegenwärtigen pathologischen Haltung und mit ihr die stetige Verbesserung des jeweilig gegenwärtigen unnatürlichen Bewegungsmusters mit dem Ziel der Gesunderhaltung beziehungsweise Wiederherstellung des gesündest möglichen Zustandes von Pferd und Reiter.  

 

Soll nur das Pferd korrigiert werden, ist es aus meiner Erfahrung heraus zweckmäßig je nach Ausmaß der Defizite anfangs zwei bis drei Mal pro Woche eine Korrektureinheit einzurichten. Ein Reiter mit Verbesserungswunsch sollte am Besten auf einem gefestigten, stabilen Pferd mit einem harmonischen gesunden Bewegungsablauf korrigiert werden. Wird ein Pferd-Reiterpaar zusammen korrigiert,  ist es sinnvoll zuerst das Pferd allein zu stabilisieren. Danach  wäre es vorteilhaft wenn sich Zeiten in denen immer wieder erst das Pferd verbessert wird mit  Zeiten in denen der Reiter dann auf dem  verbesserten Pferd  korrigiert wird abwechseln.



Das klassische Korrekturpferd

Klassisches Korrekturpferd, Pferd der modernen Zucht

Abgebildet ist die Skizze eines Korrekturpferdes. Nicht alle Merkmale sind bei jedem Korrekturpferd gleich oder so stark ausgeprägt wie hier dargestellt. Tendenziell jedoch finden sich bei betroffenen Pferden ganz unabhängig davon ob die Defizite der modernen Zucht zuzuschreiben sind oder ob sie andere Ursachen haben, fast alle der  gezeigten Merkmale wieder. Typischerweise leiden solche Pferde zusätzlich unter einer Genickbeule (wesentlich zu stark ausgeprägte Muskulatur über dem Genick kurz hinter den Ohren auf einem Bereich von zehn bis zwanzig Zentimetern, gegebenenfalls auch mehr) und mindestens einem falschen Knick. Ein falscher Knick kann sich in der gesamten Halswirbelsäule ausbilden, bevorzugt zwischen den Halswirbeln C1 / Atlas /C3 / C4 / C5. Die über dem Kreuzdarmbeingelenk dachförmig spitz zulaufenden Fehlmuskulatur ist typisch. Oft werden die Röhrbeine der Hinterhand länger gezüchtet. Trotz dem die Hinterbeine dadurch länger sind, sind die meisten dieser Pferde auf den ersten Blick nicht überbaut.  Die meisten Pferde gleichen die langen Hinterbeine damit aus, dass sie ihr Becken nach hinten herausstrecken außerdem wird das Missverhältnis durch den meist hochgezüchteten Widerrist kaschiert.



Überforderung und Unterforderung 

Besonders in der Korrektur sollte sehr sensibel darauf geachtet werden, dass sämtliche Korrekturbemühungen das Pferd auf längere Sicht weder überfordern noch unterfordern. Eine dauerhafte Unterforderung bedeutet, dass die Korrekturmaßnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg unter den derzeitigen körperlichen und mentalen Möglichkeiten von Pferd (und Reiter) liegen.  Eine dauerhafte Überforderung meint, dass die Korrekturmaßnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg über den derzeitigen Möglichkeiten von Pferd und Reiter liegen. In beiden Fällen wird sich das Pferd unvorteilhaft entwickeln. 

Je nachdem wie gravierend die Defizite sind die das Pferd zeigt, kann zeitweise selbst eine leichte Beschäftigung mit ihm, die nicht direkt auf eine Verbesserung der Schwächen abzielt, eine Verschlechterung bewirken. So kann es zum Beispiel sein, dass ein gut gemeintes regelmäßiges, leichtes lockeres Longieren einem Pferd mit starkem Senkrücken schadet. Beim absichtslosen Longieren beeinflusst der Pferdeführer die Haltung des Pferdes nicht positiv. In der Regel sucht sich das Pferd  dann die bequemste und damit schlechte Haltung aus. In der gesamten Longenzeit wird das Pferd in dieser schlechten Haltung laufen und diese damit automatisch verstärken.


 

Korrektur ist ein Prozess ausgesprochen flexibler, nahtloser Haltungsanpassungen und immer dann erwägenswert, wenn unnatürliche Haltungen und Bewegungsmuster mit und ohne Belastung der Gesundheit von Pferd und/oder  Reiter schaden.



Wann ist Korrektur sinnvoll?

Korrekturpferd ©
Korrekturpferd ©

Korrektur ist immer dann sinnvoll, wenn Haltungen oder Bewegungen des Pferdes von einer körperlich eigentlich möglichen natürlichen gesünderen Haltung oder einem körperlich eigentlich möglichen natürlichen gesünderen Bewegungsmuster abweichen, der Besitzer gleichzeitig den Wunsch und die Bereitschaft hat, diesen Zustand zu verbessern oder eine aus gesundheitlichen Gründen insgesamt grundsätzliche mehr oder weniger dringende Verbesserungsnotwendigkeit besteht.

 

Geduld, das vertrauensvolle Loslassen von vergangenen Methoden, Hilfsmitteln, Vorstellungen, Ideen und Erfahrungen,  so wie  der Wille und die Fähigkeit sich anderen Perspektiven zu öffnen und sich zuversichtlich auf Neues einzulassen, sind in jedem Fall sehr gute Grundlagen für eine nachhaltig erfolgreiche Korrektur.

Um objektiv abwägen zu können, ob tatsächlich eine Korrektur notwendig ist, oder ob vernünftig angepasstes Training genügt, wird vor Beginn jedwelcher Aktivitäten ermittelt, wie die gesündest mögliche Basishaltung in Stillstand und Bewegung aussehen könnte. Die individuelle, sich bei erfolgreicher Korrektur und erfolgreichem Training stets verbessernde Grundhaltung wird in dieser Basishaltung münden. Die Basishaltung ist das  erwünschte und reell erreichbare  Ziel  einer jeden Korrektur und die Grundlage für ein weiterführendes Aufbautraining

Korrektureinheiten unterscheiden sich von Trainingseinheiten insbesondere durch die  noch spezifischeren, noch flexibleren, sich noch spontaner ständig verändernden Anpassungen der Hilfengebung und sonstigen Eiwirkungen.  Noch weniger als es EIN für alle Pferde anwendbares Trainingskonzept gibt, gibt es EIN für alle Korrekturpferde anwendbares Korrekturkonzept. Alle Inhalte, insbesondere hinsichtlich der Erwartungen, Zeit und Ruhephasen, aber auch die Art der Körperübungen unterscheiden sich von Pferd zu Pferd in der Regel erheblich. 

Selbst die Korrekturetappe eines einzelnen Pferd-Reiterpaares ist normalerweise geprägt von ständigen, kurzfristigen Bedarfsoptimierungen über und in immer wieder verschieden langen Phasen. Oft erfolgen innerhalb einer Trainingseinheit sekündliche oder minutiöse reaktive Anpassungen und damit eine völlige Umkehr des gerade vorher noch praktizieren Vorgehens. Wegen dieser hohen, sehr flexiblen Individualität sind, um Missverständnisse zu vermeiden, ständig neu erfolgende Abstimmungen zwischen Trainer, Pferd und Besitzer wichtig.


 

Korrektur und Training sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Korrektur ist immer dann sinnvoll, wenn der Gesundheit abträgliche Haltungs- und Bewegungsmuster verbessert werden sollen oder müssen. In der Korrektur werden unvorteilhafte Kompensationsmechanismen unterbrochen und in zuträgliche Bewegungsflüsse umgewandelt. In den Korrekturphasen ist es besonders wichtig, dass Trainer und Besitzer die gleiche Sprache sprechen und nicht gegenläufig agieren. Korrektur verträgt in der Regel so gut wie keine Fehler. Je gegenläufiger und häufiger sich die Initiativen der Menschen die im hauptsächlichen mit dem Pferd zu tun haben in Relation zu den Korrekturmaßnahmen des Trainers gestalten, um so zeitaufwändiger, unverhältnismäßiger  und schwieriger gestaltet sich der Gesamtablauf. 



Ursachen die eine Korrektur rechtfertigen

Die meisten Auslöser für anormale, unnatürliche und damit mehr oder weniger pathologische Haltungen und Bewegungsmuster bei Mensch Pferd werden von spezialisierten Fachleuten gut erkannt.  Aus eigener Erfahrung und Beobachtung jedoch vermag ich zu beurteilen, dass insbesondere grenzüberschreitende zuchtbedingte  degenerative und damit in jedem Fall korrekturbedürftige Veränderungen aus allgemeinverständlicher veterninärmedizinischer Sicht unglücklicherweise aus verschiedenen Gründen noch immer als grundsätzlich gesund beurteilt werden. Folglich werden diese Pferde weiterhin wie gesunde Pferde behandelt und belastet womit ihnen nicht geholfen wird.

Eine mehr oder weniger starke Abweichung vom körperlichen Optimum ist zwar in den meisten Fällen der Grund für eine Haltungs- Gang- oder Verhaltensauffälligkeit, die nachteiligen gesundheitlichen Auswirkungen jedoch resultieren in fast allen Fällen daraus, dass versucht wird Pferde mit atypischen Merkmalen einem Idealbild entsprechend genauso zu trainieren und zu reiten wie Pferde ohne beeinträchtigende Exterieurbesonderheiten. 

Pferd mit Defiziten ohne gesundheitliche Probleme
Pferd mit Defiziten ohne gesundheitliche Probleme

Natürlich zieht nicht nicht jedes abweichende Kör-permerkmal eine Haltungs- oder Bewegungsano-malie und damit Schwierigkeiten mit sich. Sehr viele Pferde kommen trotz ihrem oft weit vom Ideal entfernten Körper hervorragend mit und ohne Reitergewicht zurecht. 

 

Treten   jedoch        Komplikationen    auf, so  sind davon meist  Pferde  

betroffen die  unter Anderem überbaut sind, in Vor- und/oder Hinterhand rückständig stehen, einen mehr oder weniger ausgeprägten Axthieb erkennen lassen, ausschließlich mechanische nicht reell durch den Körper fließende Bewegungsmuster erlernt haben, unter einigen Formen von Headshaking leiden, zügellahm sind, eine falschen Knick haben, eine Genickbeule aufweisen, unter verschiedenen Halsdeformationen leiden,  verschiedene Arten von Gelenkfehlstellungen ihrer Extremitäten so wie ihrer Hüfte zeigen, Muskelathropien oder Muskelverhärtungen aufweisen,  abgesackte und auch in sich verdrehte Wirbelsäulen haben. 

 

Außerdem  Pferde mit der modernen Zucht entspringenden Exterieurbesonderheiten wie tief liegende BrustwirbelsäuleHypermobilität,  hoch gezüchteter Widerrist, übertrieben waagerechte Beckenstellung, im Verhältnis zum Rumpf zu lange Beine. Außerdem Pferde mit chronischen Krankheiten wie ArthroseKissing Spines, chronische Sehnen- Fesselträger und andere Leiden des Weichteilsystemes so wie Stoffwechselstörungen und weitere Schwierigkeiten.


Nicht immer ist der jetzige Besitzer verantwortlich für die Probleme seines Pferdes. Viele Pferde haben zahlreiche Besitzerwechsel hinter sich, sind mal gestürzt oder ähnlich unglücklich zu einer Verletzung oder Krankheit gekommen. Im Normalfall lässt sich jedoch recht rasch feststellen, ob die Fehlhaltung die Ursache einer Krankheit oder eine  Krankheit die Ursache der Fehlhaltung ist.  Es können auch nicht alle Schwachstellen durch Korrektur vollständig behoben werden, deutlich verbessert werden jedoch können glücklicherweise die Allermeisten. 

 

Jede erworbene oder angezüchtete krankhafte Haltung oder Bewegung rechtfertigt eine Korrektur, sofern akut keine behandlungsbedürftigen Verletzungen oder Krankheiten vorliegen. Akut verletzte, so wie akut erkrankte Pferde und Menschen bedürfen selbstverständlich der ärztlichen Behandlung und sind immer von Korrektur und Training ausgeschlossen.  



Information

Noch stärker als vor einem Trainingsstart bietet sich im Vorfeld einer Korrektur ein umfassender Informationsaustausch über die Vergangenheit, die gegenwärtigen Gegebenheiten und die Zukunftserwartungen die der Reiter hinsichtlich der Korrekturbemühungen hat, an. Vergangene Ereignisse, die zu der gegenwärtigen Verfassung geführt haben, ändern freilich nichts an der bisherigen Entwicklung, jedoch ist das Erkennen der Ursachen meist maßgeblich für deren dauerhafte Behebung.

Informationen aus Vergangenheit und Gegenwart so wie Wünsche für die Zukunft sind dem Trainer eine hilfreiche Unterstützung zur Erarbeitung einer individuellen erfolgreichen Vor-gehensweise.

Auskünfte wie Besitzerwechsel, Grund der Besitzerwechsel, Alter des Pferdes bei Besitzerwechsel und Kauf, Fotos von früher, vergangene und   gegenwärtige  Haltungs-formen, Fütterung, Einsatzberei-che, Reitweisen, Krankheiten, Vorlieben und Neigungen von Pferd und Besitzer, Vorstellungen und Wünsche des Besitzers, Probleme früher/Probleme heute und Weiteres können dem Trainer eine große Stütze für das Erkennen der Hintergründe und die darauf basierende Planung der ersten Vorgehensweisen sein.




Möglichkeiten und Grenzen der Korrektur

Auch die beste Korrektur ist und bleibt ein, wenn auch gesunder und guter Kompromiss, dessen Vor- und Nachteile unentwegt zueinander abgewägt und neu definiert werden müssen. Durch Korrekturmaßnahmen können beeindruckende Verbesserungen erreicht werden, die in manchen Fällen sogar die ursprünglichen Erwartungen übertreffen. Jedoch hat auch  die verantwortungsvollste Korrektur ihre Grenzen. Die erste körperliche Grenze einer jeden Korrektur ist die dem Pferd best mögliche Körperhaltung und Ziel einer jeden Korrektur ist stets die Basishaltung als Grundlage für die Dehnungshaltung mit der zusammen dann ein normales Training aufgebaut werden kann.

 

Erhalt der best möglichen Grundhaltung

In massiveren Korrekturfällen kann die maximal erreichbare Haltung mehr oder weniger weit unter der Basishaltung liegen auf deren Grundlage im Normalfall ein Training mit dem Ziel eine Dehnungshaltung zu erarbeiten aufgebaut würde. In solchen Fällen werden alle Folgebemühungen darauf ausgerichtet, die erreichte Grundhaltung weiterhin durch geeignete Korrekturmaßnahmen stabil zu erhalten. Grundsätzlich sollten solche Pferde nicht oder nicht zu oft einen Reiter tragen müssen. 

Erhalt der Basishaltung

In vielen Korrekturfällen ist bereits die Basishaltung, die die Grundlage eines Aufbautrainings bilden würde das körperlich erreichbare Endziel. Diese Haltung kann in der Folgezeit weder durch weitere Korrektur noch durch Training weiter  verbessert werden. In diesen Fällen wird nach dem die Basishaltung erreicht wurde, durch fein abgestimmte Korrektur-Trainingseinheiten die ausschließliche Stabilisierung und damit der Erhalt der erreichten Basishaltung angestrebt. Auch diese Pferde sind in der Regel nur bedingt reitbar.


 

Veränderungsversuche, die über eine maximal anatomisch gesund erreichbare Körperhaltung hinausgehen, schaden dem Pferd und sind in jedem Fall zu vermeiden.


In der Korrektur wird jeder korrekturbedürftige Zustand bis hin zu seiner möglichen besten Haltung  verbessert. Ziel einer jeden Korrektur ist die Basishaltung aus der heraus die Dehnungshaltung erarbeitet wird.




Beeinflussung der Gesamtphysiolgie

Speziell in den Kapiteln „Optimierung der Hilfengebung“ und „Hebel, Kraft und Muskulatur“ finden sich Ideen zu Mechanik und Bewegungsmotorik eines Pferdes anhand derer veranschaulicht wird, dass jedes Pferd Bewegungen nur innerhalb ganz bestimmter, durch seine Körperstrukturen begrenzter natürlicher Bewegungsradien gesund ausführen kann und sollte. Die Gesamtbewegungsdynamik und mit ihr die Qualität der Gesamtphysiolgie und damit wiederum die Qualität des  körperlichen und mentalen Wohlbefindens unserer Pferde ist im Grunde genommen das zusammengefasste Ergebnis aller einzelnen Bewegungsradien. 

 

Stark korrekturbedürftiges Exterieur
Stark korrekturbedürftiges Exterieur

Diese Bewe-gungsradien sind bei vielen Korrekturpfer-den durch entweder ver-krampftes oder regelrecht aus-geleiertes Mus-kelgewebe meist sehr stark verkleinert oder vergrößert. Alle Bewegungen, die dauerhaft über die gesunden Bewegungsradien hinausgehen und alle Bewegungen die dauerhaft unter dem gesunden Radius liegen  sind für unsere Pferde gesundheitsabträglich.

 

Jede vernünftige und damit nachhaltige Haltungs- und Bewegungskorrektur beeinflusst die Gesamtphysiologie des Pferdes positiv. Die Vorzugsweise in Bewegung stattfindende Mobilisierung, Dehnung, Lockerung, Stärkung und gegebenenfalls Neuausrichtung des    verkrampften   oder ausgeleierten skelettumgebenden Gewebes bewirkt in aller Regel deutlich sichtbare und wahrnehmbare    

körperliche und mentale Veränderungen. In der Korrektur finden pathologische Gelenkstellungen in ihren anatomischen Möglichkeiten (wieder) in eine neutrale Stellung zueinander, aus der heraus sie sich innerhalb ihrer gesunden Radien frei bewegen können. Die sich um diese gesunde Anordnung neu entwickelnde Muskulatur ist in der Lage den Körper viel kräftiger zu stützen als vorher.  Die Pferde gewinnen an Selbstbewusstsein und Ausgeglichenheit. Die Sicherheit, ihren Körper jederzeit  zuverlässig kontrollieren zu können gibt ihnen in Situationen, in denen sie vorher überaufmerksam fluchtbereit oder übertrieben lethargisch verhalten waren, mehr abwägende Gelassenheit. 

 

Theoretisch detailliert zu beschreiben, wie einzelne Korrekturmaßnahmen in der Praxis auszusehen haben, ist  allein schon wegen der unzähligen  individuellen Abstimmungen auf den speziellen Einzelfall hier kaum möglich. Die Korrektur folgt  jedoch - wie alles hier auf unserer Erde - sehr einfachen, völlig logischen und für jeden Pferdebesitzer nachvollziehbaren grundsätzlichen Gesetzmäßigkeiten. Außer Übung werden zur Korrektur normalerweise keine besonderen Hilfsmittel benötigt. 


Korrektur beeinflusst die Gesamtphysiologie des Pferdes positiv, indem verkrampftes oder ausgeleiertes skelettumgebendes Gewebe vorzugsweise in Bewegung mobilisiert, gedehnt, gelockert, gestärkt und gegebenenfalls neu ausgerichtet wird. 

glückliche, gesund bemuskelte Pferde mit vernünftigem Exterieur
glückliche, gesund bemuskelte Pferde mit vernünftigem Exterieur


Die praktischen Korrekturbemühungen

In der Pferdewelt wird in der Praxis vermutlich wohl auch mangels Definitionsabgrenzung der Begrifflichkeiten ein Unterschied von Korrektur- und Trainingsarbeit in der Regel  kaum hervorgehoben. Im normalen Pferdealltag wird trainiert, oder mal ein falsches Anspringen im Galopp „korrigiert“. 

 

Tatsächlich jedoch unterscheiden sich diese beiden Herangehensweisen erheblich voneinander. Eine noch nicht zufriedenstellende Ausführung einer Lektion beispielsweise bedarf des Trainings. Korrigiert werden Pferde, die körperlich gar nicht in der Lage sind Trainingslektionen überhaupt auszuüben. Die Grenzen zwischen Korrektur und Training können freilich an ihren Rändern fließend ineinander übergreifen. 

 

Paralogismen

Die existierenden unterschiedlichen Korrektur- und Trainingsinterpretationen so wie ihre willkürliche Vermischung in der praktischen Durchführung bilden erfahrungsgemäß eine fruchtbaren  Nährboden für Missverständnisse jeglicher Art.

Von sich aus ändert ein Pferd falsch erlernte oder angezüchtete Bewegungsmuster nicht. Eine ernsthafte Korrektur muss deswegen den Pferdekörper auffordern, nachhaltig umzudenken. Um den Körper zum Umdenken zu bewegen, ist es erforderlich, bisherige Mechanismen von Pferd und Besitzer zu durchbrechen. Ein Durchbrechen von  Mechanismen ist nur möglich, wenn den bisherigen, eingefahrenen Mechanismen konträr laufende Impulse entgegengesetzt werden. 

Je stärker die Defizite der Pferde, um so deutlicher und konträrer müssen in der Regel die korrigierenden Impulse gesetzt werden. Ein Pferd, das übermäßig stark mit sehr tiefer Nase auf der Vorhand in den Boden hineinläuft wird diese Haltung nicht verbessern wenn es am Halfter fortwährend in dieser Haltung in einem zögerlichen, gemütlichen, ebenmäßigen und formlosen Trab longiert wird. Eine solche Vorgehensweise würde die sowieso schon schlechte Haltung rasch verstärken. 

In der Korrektur würden diesem Pferd unter Anderem zum Beispiel entgegengesetzte, also aufrichtende Körperübungen im Schritt an der Hand in sehr kurzen und reaktiven Sequenzen mit sofort darauf folgenden angemessenen Entspannungspausen weiterhelfen. Außerdem wenige, jedoch in verstärkter Aufrichtung und weit geöffnetem Genick geforderte schulterhereinartige Rückwärtstritte und weitere, weniger gleichförmige und damit auch meist weniger harmonisch wirkende Interventionen.


Achtet man in der Korrektur sorgfältig darauf, dass das Pferd im Verlauf der Maßnahmen keine Ausweichbewegungen und Kompensationsstrategien entwickelt,  assimilieren sich die im oben genannten Beispiel im Laufe der Zeit die übertrieben starke Abwärtstendenz mit der erst einmal verstärkten Aufrichtung zu einem gesunden, in den Möglichkeiten des Pferdes liegenden ausgeglichenen Dehnungshaltungsergebnis.

gesundes, stabiles Pferd in ungezwungener Selbsthaltung
gesundes, stabiles Pferd in ungezwungener Selbsthaltung

Im Gegensatz zu den echten Korrekturfällen profitieren gut im Training stehende Pferde mit vernünftigem Exterieur in jedem Fall sehr stark von regelmäßigen, wenig fordernden aber dennoch sanft formgebenden, entspannten Longen- oder Bodenarbeitseinheiten. Solche Pferde finden  dabei in ihrer bereits schönen Körperhaltung zu entspannt zufriedener  tatktmäßiger Ebenmäßigkeit und Eleganz.

   

Um falsche Bewegungsmechanismen umzukehren, müssen in der Regel akzentuierte gegensätzliche,  sehr reaktive Hilfen gesetzt werden. Um gute Bewegungen auszubauen und zu fördern sind  meist sanfte formgebende und formverbessernde Impulse ausreichend.



Gefahren der Korrektur

Bei körperlich sehr benachteiligten Korrekturpferden ist der Grenzbereich zwischen einer schädlichen und einer förderlichen Bewegung außerordentlich klein. Wie bereits erwähnt, kann in vielen Fällen jede die Körperhaltung nicht direkt verbessernde Bewegung bereits eine Bewegung sein, die dem Pferd schadet.  Läuft das Pferd beispielsweise übermäßig stark auf der Vorhand, verstärkt Bewegung, die das Pferd nicht dazu veranlasst seine Vorhand zu entlasten automatisch das Belasten der Vorhand.  Demzufolge können eigentlich gut gemeinte, übermäßig entspannende und entspannte  Betätigungen, ganz entgegen unserer natürlichen Neigung dem Pferd damit etwas Gutes tun zu wollen, einem Korrekturpferd  tatsächlich schaden. Insbesondere dann, wenn sie sehr häufig stattfinden.

Stark korrekturbedürftiges Exterieur
Stark korrekturbedürftiges Exterieur

Im Training von normal gebauten Pferden ist es  in einem gewissen Rahmen möglich, bestimmte Bereiche "herauszunehmen" und diese im Speziellen zu trainieren. So kann zum Beispiel die Bauchmuskulatur eines an sich gut im Training stehenden aber etwas bauchmuskelverhaltenen Pferdes mit  genau darauf abgestimmten Übungen besonders gestärkt werden. Bei Korrekturferden sind die körperlichen Schwierigkeiten in der Regel jedoch bereits so weit fortgeschritten, dass der gesamte Körper und mit ihm meist auch die Psyche in Mitleidenschaft gezogen sind. Bei ihnen ist es grundsätzlich nicht möglich, bestimmte Bereiche isoliert herauszunehmen um allein sie zu verbessern.  Die Pferde können  erst einmal nur in ihrer vollständigen Gesamtheit und in allen Bereichen gleichzeitig von der Hinterhufspitze über das Gehirn :-) bis zur Nasenspitze verbessert werden.  Würde man bei ihnen isolierte Bereiche herausnehmen wollen, würden sich andere Bereiche analog dazu im gleichen Moment stark verschlechtern. Später dann, wenn die Grundlage mit einer vernünftigen Basishaltung geschaffen wurde und sich herausstellt, dass bestimmte Bereiche im Verhältnis zu anderen Bereichen besonders schwach sind, kann versucht werden, diese dem restlichen Köper anzugleichen um dann daraus eine harmonische Dehnungshaltung zu erarbeiten.

In der Korrektur wird der Pferdekörper oft beträchtlich umgestaltet. Der Organismus, der dieser Umgestaltung folgen muss, hat seine eigenen Gesetze die wir respektieren sollten. Frei nach dem Motto "Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht" verhält es sich auch mit den zu verändernden Körperstrukturen unserer Pferde. Es kann mitunter sehr sehr lange dauern, bis reelle, nachhaltige und dann auch deutlich sichtbare Ergebnisse erzielt werden. Wir sollten uns vor Augen halten, dass sich jede Zelle des Körpers den neuen Belastungen und Bewegungsabläufen entsprechend umstrukturieren und neu ausrichten muss. Diese Anforderung ist durchaus mit der  Leistung im Spitzensport vergleichbar und sollte deswegen auch hinsichtlich des Energieaufwandes besonders bei den meist recht rippigen Korrekturpferden nicht unterschätzt werden.

Manche Korrekturmanipulationen wirken im ersten Moment optisch überzeugend. Visuell besonders gefälligen und in relativ kurzer Zeit erfolgenden Veränderungen des Körpers  sollte immer mir großer  Vorsicht begegnet werden. Es ist wichtig, seinen Blick zu schulen und zu festigen, damit man sicher erkennen kann ob ein Pferd beispielsweise lediglich sein Becken einzieht oder tatsächlich reell seine Hanken beugt, indem es zieharmonikaähnlich die Gelenke seiner Hinterhand  anwinkelt um seine Hinterbeine stabil unter seinen Rumpf zu platzieren. Es ist wichtig zu erkennen, wann sich Gelenke und Körperstrukturen in einer neutralen Stellung zueinander befinden und in wie weit  sie zur Korrektur  ohne negative Auswirkungen aus dieser Position herausgenommen werden dürfen und müssen um Haltungsveränderungen provozieren zu können.


defizitäres Exterieur
defizitäres Exterieur

Ein Körper lernt mit der Belastung der er ausgesetzt ist. Es ist hinreichend bekannt, dass sich zum Beispiel bei einer Sehnenverletzung die Fasern  im Heilungsprozess stabiler und so gut wie vernarbungsfrei in die richtige Richtung ausrichten,  wenn sie nach der akuten Phase angemessener Belastung ausgesetzt werden.  Ganz genau so verhält es sich auch mit den anderen Körperstrukturen wie zum Beispiel der Muskulatur. Diesen Umstand machen wir uns ganz automatisch nicht nur in der Korrektur, sondern auch im Training zunutze. Stück für Stück steigern wir die Anforderung und Stück für Stück folgt die Muskulaturentwicklung um der  erweiterten Anforderung gerecht werden zu können. Um Haltungsverbesserungen mit dem Ziel der Dehnungshaltung zu erreichen und um dem Körper überhaupt Veränderungsmöglichkeiten aufzuzeigen kann es, anders als im Training, in der Korrektur allerdings notwendig sein, eine Anforderung kurz  höher anzusetzen als das im Training gemacht würde. Dieser kurzfristigen "Überforderung" (zum Beispiel kurze, eigentlich zu hohe Aufrichtung bei einem Pferd dessen Brust seht tief liegt) muss stets eine für das Pferd entspannte Haltung folgen, auch wenn die entspannte Haltung noch nicht dem  angestrebten Ideal entspricht. Das Pferd muss  danach also seine ganz persönliche Fehlhaltung einnehmen dürfen. Die erreichbare Dehnungshaltung der meisten sehr defizitären Korrekturpferde ist in der Regel weniger stark rund aufgewölbt, sondern eher waagerecht mit einem nur leicht in die Last greifenden Hinterbein. Diese Haltung ist jeder anderen nicht reellen, aber oft spektakulärer aussehenden Haltung in der das Pferd keine Kraft von der Hinterhand in seinen Rücken weiterleitet, vorzuziehen. Die Gefahr dass Korrekturpferde dauerhaft in absoluter Aufrichtung "im Hals aufgerichtet" werden ohne dass sie dabei Rückentätigkeit zeigen ist relativ groß und leider immer öfter zu sehen. 

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Eine unspektakuläre, eher waagerechte, sich am natürlichen Exterieur orientierende dafür aber reelle Dehnungshaltung mit einem wenn auch nur ansatzweise, dafür aber reell in die Last tretenden Hinterbein ist  in jedem Fall besser als ein mit verkürzter Muskulatur herangezogenes Becken mit unzureichender, oder gar keiner Dehnungshaltung  oder einer "Halsaufrichtung" in Kombination mit einem herangezogenen Becken.

Leichte Dehnungshaltung
Leichte Dehnungshaltung

Ist es über längere Zeit nicht möglich, mit dem Pferd eine angemessene Dehnungshaltung zu erarbeiten, so sollte diskutiert werden, ob das Pferd überhaupt geritten werden sollte. Jedes Pferd, das die Kraft vom Hinterbein nicht wenigstens ansatzweise in den Rücken bis in das Genick übertragen kann, wird auf Dauer – insbesondere bei Belastung mit Reitergewicht –  gesundheitlichen Schaden davontragen. 

Korrekturpferd in stark defizitärer Haltung
Korrekturpferd in stark defizitärer Haltung

Korrektur ist, noch mehr als Training, ein auf sehr lange Sicht zu beobachtender Prozess. Reelle Ergebnisse sind meist wenig  spektakulär, dafür aber gesünder und nachhaltiger als zeitlich schneller erreichbare dauerhafte Kompensationskompromisse.



Arbeit vom Boden aus mit Korrekturpferden

Je nachdem welche Schwierigkeiten das Korrekturpferd im Hauptsächlichen zeigt, nehmen die Arbeit  vom Boden  aus und dabei ganz besonders die Arbeit an der Hand und die Longenarbeit gerade am Anfang der Korrektur meist den größten Stellenwert ein. Nach dieser Anfangsphase , die sehr unterschiedlich lang sein kann, wechseln sich bei der Arbeit mit Korrekturpferden noch häufiger als beim Training mit gesunden Pferden Korrekturphasen unter dem Sattel mit Korrekturphasen an der Hand ab. Meistens muss ein an der Hand erreichtes Niveau erst unter dem Sattel gefestigt werden, bevor es möglich ist, auf dieser  neu erreichten Basis wieder an der Hand eine weitere Verbesserung zu erarbeiten. Ab einem bestimmten Punkt hat ein guter Reiter unter dem Sattel  oft wesentlich mehr und präzisere Einflußmöglichkeiten als er sie sich an der Hand erarbeiten könnte.

 

Mit oder ohne Gebiss

Viele Korrekturpferde bewegen sich auf eine statische, eingefrorene, mechanische, roboterartige Weise. Meist findet man dieses Phänomen bei Pferden, die an unvorteilhaften Stellen deutlich ausgeprägte, oder eine insgesamt stark verkürzte und damit überdurchschnittlich verspannte Muskulatur haben. Besonders häufig wurden diese Pferde zu früh zu stark beigezäumt, oder generell in einen zu engen Rahmen gedrängt wie zum Beispiel Rollkurpferde, Pferde die ihren Hals nicht aus dem Widerrist heraus abstellen, sondern sich stattdessen im oberen Halsdrittel festhalten und Pferde, die generell einer angebotenen oder geforderten Rahmenveränderung nicht reell folgen können.

 

Intuitiv würde man solche Pferde eher gebisslos arbeiten. Insgesamt kommen die meisten Pferde auch sehr gut mit einem gut sitzenden Kappzaum zurecht, in manchen Fällen jedoch kann es effektiver sein, übergangsweise an der Trense zu  arbeiten und in nicht wenigen Fällen werden die besten Ergebnisse am Halsriemen erzielt. Wann man welches Pferd wie arbeiten sollte, hängt individuell von den Problemen ab die das Pferd zeigt und wie es auf die verschiedenen Varianten in den einzelnen Übungen reagiert. Manche Pferde reagieren auch sehr gut darauf wenn zwischen gebisslos und mit Gebiss gewechselt wird.

Freispringen und Stangentreten

So vorteilhaft und unbedingt empfehlenswert  das Freispringen und Stangentreten für gesunde Pferde ist, kann es bei Pferden mit bestimmten, sehr ungünstigen Exterieurvoraussetzungen die sowieso schon pathologische Haltungen und Bewegungen  in kürzester Zeit stark verschlechtern.

 

Viele Korrekturpferde sind schon in ihren einfachen Grundgangarten ohne Hindernis nicht in der Lage ihren Körper so zu bewegen, dass die Hinterhandaktion über den Rücken bis nach vorne durch das Genick geleitet werden kann. Üblicherweise bewegen sie sich im falschen Schwung (negativer Spannungsbogen) ohne die Wirbelsäule aufzudehnen über ihre unteren Gelenke. Würde man so ein Pferd zum Stangentreten auffordern, so würde es seine Beine noch mehr als ohne Hindernis anstatt, wie gewünscht, über die großen Rumpfgelenke Hüfte und Knie über eine stabile Oberlinie lediglich weiterhin über die kleinen bodennahen Gelenke wir Fesselgelenk und Sprunggelenk anheben. Das Becken würde noch weiter nach hinten herausgestreckt und das Rückenwegdrücken würde verstärkt.

 

Freispringen und Stangentreten kann bei manchen Korrekturpferden einen starken, die sowieso schon schlechte Haltung verstärkenden negativen Effekt haben.

 


Korrekturpferd am Halsriemen in einer dem Exterieur angemessenen akzeptablen Körperhaltung über zwei Galoppstangen. Die Stute zeigt eine für ihr Gebäude annehmbare Basishaltung. Für eine korrekte Dehnungshaltung müsste sie ihren Brustkorb und ihren Rücken in Sattellage mehr anheben. Auf diesem Foto kompensiert sie den tiefen Brustkorb und ihre Vorhandlastigkeit noch dadurch, dass sie sich im Hals festhält. Sie hält sich zwar nicht mehr ausschließlich im Genick und im oberen Halsdrittel fest, dennoch aber  bricht der Kraftfluss aus der Hinterhand auf Höhe der Sattellage ein. Mit der Vorhand drückt sie sich noch nicht kräftig genug  unterstützend vom Boden ab.